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Marion

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Veröffentlicht am Mittwoch, den 15. November, 2000 - 18:35:   Diesen Beitrag bearbeitenSchnellansichtDiesen Beitrag drucken   Beitrag verschieben (Nur für Moderatoren)

Ein Märchen
von
Petra Katic


Irgendwo auf dieser Welt, in einem winzigen Ort, nahe dem Meer, lebte einst ein junger Mann. Scheu und zurückgezogen und nahezu immer traurig. Niemand wußte letztlich warum und niemand sollte jemals erfahren weshalb.

Das Meer war sein einziger Freund und außer einem alten verwitterten Stein waren sie allein, einzig umgeben vom Blau des Himmels und vom Duft der entfernten Olivenhaine. An diesem Ort malte der junge Mann seine traurigen Bilder, spielte auf seiner Gitarre traurige Balladen und erzählte dem Meer aus seinem traurigen Leben. Die Augen des Meeres waren die seinigen, hier fühlte er sich sicher, zurückgezogen von der Außenwelt, auf die Nacht wartend, unsichtbar vor anderen und vor sich selbst.

Eines abends vernimmt der Mann ein leises Geräusch in seiner Nähe und zugleich eine sanfte Melodie. Erschrocken verharrt er, unfähig, sich zu bewegen. Eine Gestalt tritt aus den Schleiern der Dunkelheit auf ihn zu.

- Guten Abend, sagt der Fremde mit warmer Stimme.

Der junge Mann blickt verstohlen unter seinen Augenlidern hervor, doch so sehr er sich auch bemüht, er nimmt nur einen Schatten wahr.

- Wer bist Du? flüstert er erschrocken.

Angst steigt in ihm hoch vor dem fast unsichtbaren Fremden, dessen Gesicht man weder sieht, noch erahnen kann. Obwohl der Himmel sternenklar ist, heben sich lediglich die Umrisse der geheimnisvollen Gestalt aus dem Dunkeln der Nacht hervor.

- Fürchte Dich nicht, antwortet der Fremde, ich bin das Glück.

- Das Glück, erwidert der Mann fragend, nun ich kenne Dich nicht.

- Ich weiß, entgegnet das Glück, eben deshalb bin ich gekommen, vertraue mir und glaube an mich, dann sollst Du mich kennenlernen.

Verstört und überwältigt von dem, was geschieht, sieht der Mann den Fremden an.

- Dir vertrauen, wie könnte ich das, fragt er zitternd, Dir glauben, wie sollte ich. Woher weiß ich, daß Du die Wahrheit sprichst.

- Die Wahrheit, entgegnet das Glück, die Wahrheit ist ganz nahe bei Dir. Es gibt viele Arten ihrer Wirklichkeit, finde die Deinige. Sollte es Dir gelingen, werden wir uns wiedersehen.

Mit diesen Worten verschwindet das Glück, lautlos und unsichtbar, wie es gekommen war.

Sanft wirft der Mond seine Schatten auf die leise spielenden Wellen des Wassers, wie kleine Sternschnuppen tanzen sie auf und nieder. Der junge Mann bleibt, verwirrt und befremdet, die ganze Nacht am Ufer des Meeres sitzen.

Als sich der Morgen mit frischer, kühler Feuchtigkeit auf seine Haut legt, kommt er langsam zu sich. Er hört das immer noch unruhige Schlagen seines Herzens, und er hört eine Melodie, leise und aus weiter Ferne. Es ist nichts Fremdes in diesen Tönen, nichts Unheilvolles oder Bedrohliches. Wie in Trance erhebt er sich, um in sein Dorf zurückzukehren.

Die Tage ziehen dahin, es werden Monate, Jahre. Das Blau des Himmels und der Duft der Olivenbäume scheinen unverändert.

Es ist ein heller, warmer Frühlingstag, doch in dem Zimmer des Mannes ist es dunkel und kühl. Ein leises Klopfen läßt den Mann in dem Zimmer aufschrecken. Die Türe öffnet sich geräuschlos und fällt ebenso sachte zurück ins Schloß.

- Du hast mich nicht verstanden, damals, sagt leise eine Stimme, erinnerst Du Dich an mich?.

In dem Dunkeln des Zimmers erhebt sich der Mann wortlos und mit leeren, traurigen Augen blickt er den Fremden bestürzt an. War es wirklich diese dunkle Gestalt, die zu ihm spricht? Oder war es seine eigene Stimme, die er aus weiter Ferne vernimmt.

- Wir kennen uns nicht, stottert er verstört.

- Ich weiß, flüstert das Glück traurig, Du hast Deine Wahrheit nicht gefunden.

Der Mann zögert, starr vor Angst, er hat die Augen fast geschlossen und außer dem heftigen Pochen seines Herzens vernimmt er keine Geräusche. Die Gestalt war nun still und der Mann wußte plötzlich, daß er hier die Antwort auf all seine Fragen finden mußte. Noch immer zitternd und unschlüssig, dem Glück die Hand zu reichen, verharrt er schweigend.

Nun gut, sagt das Glück auch dieses Mal, ich kann Dir nicht helfen, wenn Du es nicht möchtest, aber bedenke, wir werden uns vielleicht nie mehr begegnen.

Und bevor der Mann noch etwas erwidern kann, ist das Glück verschwunden.

Viele Jahre vergehen.

Die Wege des Glückes führen in das hektische Lärmen der Städte, in das geschwätzige Gerede kleiner Dörfer, in die einsamen, stillen Lichtungen des Waldes, an die endlosen Ufergestaden der Meere.

Den einsamen Mann aber, in dem kleinen Dorf, nahe dem Meer, vergißt das Glück nicht.

Nach langer Zeit kehrt es zurück an den Ort, wo er den traurigen Mann das erste Mal getroffen hatte. Doch der Platz am Meer ist leer, einsam. Glitzernd ruht die kleine Bucht versteckt unter den Weiten des Himmels. Das ärmliche Zimmer aber ist dasselbe geblieben. Der Wind zieht leise rauschend seine Kreise und man hört das Zirpen der Grillen, welche den Sommer versichern. Die Fenster des Zimmers jedoch sind verschlossen.

Die Türe öffnet sich knarrend. Der kühle Schatten des Zimmers ist angenehm im Vergleich zu der sengenden Hitze der Mittagssonne.

Aus der Ecke des Raumes erblicken ihn zwei Augen, nicht mehr jung, wie vor vielen Jahren. Nur die Traurigkeit in ihnen ist die gleiche geblieben. Der alte Mann schaut müde auf, unzählige Falten überziehen sein Gesicht.

- Wer bist Du, fragt er leise, verwirrt, erschrocken.

Es ist ihm auf einmal, als höre er aus weiter Ferne eine schöne Musik, eine geheimnisvolle, ihm bekannte Melodie. Wärme steigt in ihm hoch, ein nie gekanntes oder längst vergessenes Gefühl überwältigt ihn.

- Ich bin das Glück, antwortet der Fremde.

- Du bist das Glück, fragt der Mann verwundert, ich erinnere mich nicht an Dich? Oder? Nein, ich kann mich nicht erinnern. Flehend und zugleich ehrfurchtsvoll starrt er den Fremden an.

- Ich weiß, antwortet das Glück auch dieses Mal, Du kennst mich nicht, Du wolltest mich nicht kennenlernen, Du wolltest Deine Wahrheit nicht finden. Es ist viel Zeit vergangen und alles, für was Du gelebt hat, ist Deine Traurigkeit.

Langsam und schwerfällig erhebt sich der Mann, wie das Erwachen aus einem langen Traum erscheint es ihm. Einen fast ungestümen Schritt macht er auf das Glück zu. Im letzten Augenblick bleibt er zögernd stehen.

- Ich kann nicht, flüstert er resignierend und unglücklich. Die Einsamkeit der langen Jahre haben mich vergessen gemacht, meine Wahrheit zu finden.

- Du kennst Deine Wahrheit, das weißt Du nur zu gut, spricht das Glück, Du hast sie versteckt, verschlossen vor Dir selbst, einen Riegel davor gemacht und den Schlüssel fortgeworfen. Lange Jahre hast Du darauf gewartet, daß jemand diesen Schlüssel findet und Dich erlöst. Doch der einzige, der diesen Schlüssel gefunden hat, war Deine Trauer.

- Ja, sagt der alte Mann und sehnsuchtsvoll läßt er seine Gedanken zurückschweifen in eine längst vergangene Zeit. Und auf einmal war da wieder die Musik, die er schon einmal gehört hatte in einer längst vergangenen Zeit. Und wieder war nichts Bedrohliches oder Unheilvolles in dieser Musik.

- Ich habe diesen Schmerz niemals vergessen können, flüstert er und trotz der Dunkelheit sieht er den Fremden nun ganz deutlich.

Es war mir, als würde ich davonfliegen bis hinauf in den Sternenhimmel, es war mir, als würde mich der Mond emporheben und mich in sich aufnehmen, es war mir, als würde mir die Sonne alle Kraft dieser Welt geben.

Doch dann auf einmal tauchte ich hinab bis in die tiefsten Tiefen aller Meere, wo ich für immer verbleiben sollte. Die Sonne hörte auf für mich zu scheinen, die Sterne hörten auf für mich zu funkeln, jegliches Feuer des Lebens hörte auf für mich zu brennen. Lediglich das Meer sollte in mir bleiben.

- Warum hast Du meine Hilfe nicht angenommen, damals in dieser Nacht, fragt das Glück.

Verlegen und befremdet schaut der alte Mann auf.

- Ich habe mir immer gewünscht, Dich festhalten zu können, aber ich wußte nicht wie.

Gedankenverloren schweift sein Blick ab.

- Da war jemand, der auf Dich gewartet hat, auf ein Wort, auf eine Geste, auf eine Berührung von Dir. Du hast es gewusst, entgegnet das Glück.

- Ja, sagt der Mann leise und jetzt weint er. Je älter ich wurde, umso mehr habe ich das gefühlt, aber den Schlüssel, den Schlüssel hatte ich verloren, fährt er traurig fort.

Unschlüssig, zitternd, starrt der alte Mann auf die schemenhaften Umrisse der vor ihm stehenden Gestalt. Schweigend verharren sie. Der alte Mann weiß nicht mehr, wie lange. Waren es Stunden, Tage, Monate, Jahre, eine Ewigkeit? Die Zeit war stillgestanden.

Er starb, viele Jahre später, ohne das Glück jemals wiedergetroffen zu haben.

Ein alter, verwitterter Stein, umgeben vom Blau des Himmels und vom Duft der Olivenhaine, in ihm verewigt zwei Initialen, sollte die einzige Erinnerung an ihn bleiben und eine geheimnisvolle Melodie, still und leise, die manchmal am Ufer des Meeres ertönt.

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