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Auf den Punkt gebracht...............vom VDSF


Der Setzkescher
Der Sachverhalt


Nach einer rechtskräftigen Entscheidung des Amtsgericht Rinteln/Weser vom 25.05.2000 (Az: 6 Cs 204 Js 4811/98 [245/ 98]), in der erstmals ein Gericht die Lebendhälterung von Fischen in einem Setzkescher unter den gegebenen Umständen billigte, haben uns zahlreiche Anfragen erreicht. Zusammengefasst soll auf den zu Grunde liegenden Sachverhalt näher eingegangen, nach rechtlichem und wissenschaftlichem Erkenntnisstand untersucht sowie ein Ausblick auf die daraus resultierenden Schlußfolgerungen gegeben werden.
Zwei Angler, die in der Weser angelten und gefangene Weißfische (Rotfedern) in ordnungsgemäß waagrecht verspannten Setzkeschern lebend hälterten, deren Ausmaße 3,5 bis 4 m Länge, 0,5 m Durchmesser betrugen, wurden von der Polizei wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz (TierSchG) angezeigt. Die Staatsanwaltschaft Bückeburg ging davon aus, daß aufgrund der Entscheidung des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17.10.1 990 und des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20.04.1993 die Lebendhälterung von Fischen in Setzkeschern Tierquälerei im Sinne des § 17 Nr. 2 b TierSchG ist. Das Strafgericht in Rinteln sprach die Angeklagten jedoch aus tatsächlichen Gründen vom Vorwurf der Tierquälerei frei.


Die Rechtslage
Nach § 1 Tierschutzgesetz ist es Zweck des Gesetzes, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. § 17 Nr. 2 b des Bundestierschutzgesetzes bestimmt,
daß mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird, wer einem Wirbeltier länger anhaltende oder sich wiederholende Schmerzen oder Leiden zufügt.
Ordnungswidrig handelt auch nach § 18 Abs. 1 Nr. 1, wer vorsätzlich oder fahrlässig einem Wirbeltier, das er hält, betreut oder zu betreuen hat, ohne vernünftigen Grund erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt.
Fische zählen systematisch zu den ältesten Arten des Stammes der Wirbeltiere. Gleichwohl "fallen sie unter" die speziellen Straf- und Bußgeldbestimmungen des Bundestierschutzgesetzes.
Eine Reihe von Unklarheiten bleibt hierbei z.B. klare Äußerungen was der Gesetzgeber unter Schmerzen, Leiden, Schäden und dem sog. vernünftigen Grund versteht, wirft Fragen auf. Im Gesetz gibt er keine klare Begrifflichkeit für diese Begriffe.
Offenbar ist der Gesetzgeber der Meinung, daß die vielfältigen Fakten der Lebenswirklichkeit nicht abschließend und umfassend dargestellt werden
können. Mit einer offenen Tatsbestandformulierung soll das Tierschutzrecht durch Auslegung und Rechtsprechung weiterentwickelt und gesellschaftlichen Gegebenheiten angepaßt werden, ohne daß Gesetzesänderungen erforderlich wären. Dieser "Vorteil" des Gesetzes kann zu erheblichen Unsicherheiten führen, wenn Gerichte mit ihren Einzelfallentscheidungen zu entgegengesetzten Ergebnissen kommen oder Gutachter durch fehlerhafte Untersuchungen (siehe Gutachten Klausewitz u.a.) falsche Schlüsse ziehen, die vom Strafgericht nicht erkannt wurden.

Die wissenschaftliche Sicht, Bewertungsmaßstäbe

Was sind nun Schmerzen, Leiden? Man kann sie als ziel-gerichtetes, einem bestimmten Zweck dienendes Verhalten, wie etwa Vermeidung, Abwehr oder Flucht auslegen, das einer kausalen Erforschung beim Tier nicht oder nur ungenügend zugänglich ist. Was das Tier, hier der Fisch, auf entsprechende Reize und letztlich be
wußt wahrnimmt, bleibt aus der Sicht der Neurologie unerschlossen. Die Tierpsychologie schließt dagegen von psychologischen Vorgängen, die menschlichem Verhalten nach-empfunden werden auf gleichartige Erlebnisinhalte beim tierischem Verhalten, ein Vorgehen, das aus naturwissenschaftlicher Sicht abgelehnt werden muß. Der Angler wird trotzdem unabhängig von dem offenen wissenschaftlichen Problem um Scherzen und Leidensfähigkeit bei Fischen, aus ethischen und moralischen Motiven weitgehend die gebotene Rücksicht auf die Schonung des gefangenen Fisches nehmen.
Um dennoch qualitative wie quantitative Beurteilungsmaßstäbe für faktisch existierende Umweltbelastungen des Tieres zu gewinnen, werden bestimmte meßbare Werte seiner Lebensäußerung, sog. Streßfaktoren untersucht. Streß gehört zum normalen Alltagsgeschehen auch bei Fischen. Streß wird durch unspezifische Reize ausgelöst, z.B. als Folge des Fangvorganges. Er führt dann zu überschießenden Reaktionen des Organismus. Wenn der Streß, was im Normalfall die Regel ist, zu keinen irreparablen Schäden führt, der Organismus in seine Normallage zurückkehrt, sind Schmerzen oder Leiden nicht zu erwarten.

Der vernünftige Grund

Was als vernünftiger Grund im Gesetz anzusehen ist, hängt von der Akzeptanz durch die Gesellschaft ab. Das für den Tierschutz zuständige Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vertritt zum Setzkescher die Meinung, daß Angler auf den Setzkescher verzichten können. Die Qualität des nach dem Fang geschlachteten Fisches bliebe voll erhalten, wenn er in einer Kühlbox aufbewahrt wird. Nicht berücksichtigt bleibt dabei jedoch, daß die Kühlwirkung und der Qualitätserhalt stark nachlassen, wenn die Box wiederholt geöffnet wird, um weitere Fische einzulagern. Nicht an jedem Fangort kann eine Kühlbox mitgeführt werden.
Auch können andere Tatbestände eine Lebendhälterung erfordern, falls Fische aus hegerischen Gründen, z.B. zur Laichgewinnung, zu Besatz oder Untersuchungszwecken gehältert werden müssen.

Die überzeugende
Argumentation durch den Sachverständigen


Der Sachverständige im angesprochenen Streitfall, Prof. Dr. Schreckenbach, konnte das Gericht überzeugen, das die Sachverständigenaussage des Prof. Klausewitz, die der Entscheidung des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17.10.1990 zugrunde lag, auf fehlerhafte Versuchsreihen in der Anwendung des Setzkeschers beruhte, der seinerzeit unsachgemäß senkrecht an einem Boot befestigt war und der ausschließlich Fische beinhaltete, die vom Edersee nach Frankfurt/Main transportiert worden waren
Schreckenbach und Mitarbeiter ermittelten unter definierten Versuchsbedingungen, daß sich die Streßreaktionen von Regenbogenforellen, Plötzen und Rotfedern in waagrecht gesetzten Setzkeschern (Bügeldurchmesser 0,4 m, Kescherlänge 1,5-1,75 m, Maschen-weite 10 mm, knotenlos, Netzvolumen 0,15-0,18 m3), nach vierstündiger Hälterung innerhalb des Normalbereichs wieder normal anpassen, wobei die Weißfische als Schwarmfische sich am schnellsten angleichen. Nach achtstündiger Hälterung von bis zu 30 kg Fisch m3 im Setzkescher zeigten die Fische keine Anzeichen von Streßschäden. Auch ihre weiterführende Beobachtung über 4-6 Wochen im Großraumnetzgehege ergaben keine Hinweise auf Schädigungen, Erkrankungen ober Verluste. Die Fleischqualität blieb unter diesen Bedingungen bestens erhalten. Der Sachverständige führte ferner aus, daß Umweltbedingungen, wie Wasserströmung,
Wassertemperatur, Sauerstoffgehalt, pH-Wert, Auswirkungen auf die Hälterung haben können, im vorliegendem Fall aber zu Beanstandungen keinen Anlaß gaben.
Der Sachverständige kam zum Schluß, daß die ordnungsgemäße Lebendhälterung der Fische in handelsüblichen Setzkeschern zur Erhaltung ihrer Fleischqualität (vernünftiger Grund) unter den Gegebenheiten an der Weser keinen Tatbestand erfaßt, der unter die Straf- und Bußgeldbestimmungen des TierSchG fällt.

Schlußfolgerungen

Der VDSF hat sich in zurück-liegender Zeit (1995,1996) mit eigenen Stellungnahmen für eine gesetzeskonforme Anwendung tierschutzgerechter Setzkescher eingesetzt. Prof. Schreckenbach hat im Auftrag des Fischereiverbandes Nordrhein-Westfalen einschlägige Untersuchungen durchgeführt. Die Befunde wurden 1996 veröffentlicht, die Ergebnisse auf öffentlichen Veranstaltungen des VDSF 1998 und 1999 vorgetragen und publiziert. Die Unterstellung einer sogenannten Angelzeitung, Mitglieder des VDSF hätten amtliche Stellen aufgefordert, die Benutzer von Setzkeschern besonders zu kontrollieren, ist völlig abwegig. Eine uns auf Anfrage zugeleitete Stellungnahme des Wasserschutzpolizeikommissariat Nienburg vom 25.07. 2000 stellt fest, daß die zugehörigen Wasserschutzpolizeistationen im Rahmen einer Dienstversammlung über die Entscheidung des OLG Düsseldorf aus dem Jahre 1993 zur Lebendhälterung von Fischen und damit anzunehmende Verstöße in Kenntnis gesetzt wurden. Uber angebliche Aktionen des VDSF solchen Verstößen besonders nachzugehen, ist weder beim VDSF noch bei der Wasserschutzpolizei irgend etwas bekannt.
Die Herausgabe genereller Empfehlungen über den Gebrauch von Setzkeschern, birgt die Gefahr, daß sich der Anwender in Sicherheit glaubt, in jeder Situation richtig zu handeln. Tatsächlich muß jeder Anwender im Einzelfall eigenverantwortlich und rechtfertigend prüfen, ob er in Übereinstimmung mit einer Verordnung nach Landesfischereirecht mit Gestattung oder Verbot des Setzkeschers, wie auch im Einklang mit den höherrangigen Rechtsnormen des Tierschutzrechts handelt. Die Prüfung erstreckt sich nicht nur auf Konstruktion und ordnungsgemäße Anwendung des Setzkeschers sondern insbesondere auf die Frage des Vorliegens eines vernünftigen Grundes für die Lebendhälterung. Eine generelle Freistellung von Verantwortung, auch wenn gewisse äußere Bedingungen eingehalten werden, ist nicht möglich. Das eingangs zitierte rechtskräftige Urteil, welches die Lebendhälterung von Fischen im Einzelfall als rechtfertigenden Grund billigt, ist kein Freibrief für eine verbindliche Gestattung der Lebendhälterung.
Für die weitere Verwendung des Setzkeschers sind folgende Punkte zu beachten:

1. Der Setzkeschergebrauch ist nur zulässig, wo er nicht durch landesrechtliche Regelungen oder Auflagen im Erlaubnisschein verboten ist. Für die Verwendung des Setzkeschers muß ein vernünftiger Grund für die Hälterung vorliegen.

2. Der verwendete Setzkescher muß in seiner Konstruktion die Beeinträchtigung der Fische so gering wie möglich halten. Der Kescher muß hinreichend lang sein, ausreichenden Umfang haben, aus knotenlosem Netzmaterial geringer Maschenweite bestehen, sein Lumen ist durch ausreichende Anzahl Spann-ringe offen zu halten. Er muß im Gewässer fest verankert und ständig geflutet sein.
3. Besonders geschützte, oder untermaßige oder wegen ihrer Schonzeit zurückzusetzende Fische dürfen nicht gehältert werden.

4. Fische sind vorsichtig abzuhaken und schonend in den Kescher einzubringen. Ein Übermaß an gehälterten Fischen ist zu vermeiden, nur untereinander verträgliche Fischarten sind gemeinsam zu hältern.

5. Die Dauer der Hälterung ist auf die geringstmögliche Dauer zu beschränken.

6. In Gewässern mit Schiffsverkehr oder Strömung ist das Hältern in Setzkeschern nur zulässig, wenn eine Schädigung der Fische nicht zu erwarten ist.

7. Gehälterte Fische dürfen nicht zurückgesetzt werden.

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