Symposium der Fachberatung für F... Abmelden | Themenbereiche | Suche
Moderatoren | Registrieren | Profil

Bekos Anglerforum » Und das mal zum Nachdenken! » Staatlich subventionierter Fischtod » Symposium der Fachberatung für Fischerei des Bezirks Unterfranken « Zurück Weiter »

Symposium der Fachberatung für Fischerei des Bezirks Unterfranken und der Aalschutzinitiative Rheinland-Pfalz /RWE-Energie AG am 16. und 17.11.98 in Veitshöchheim


Die erheblichen Probleme der Aalschädigungen in Wasserkraftwerken veranlaßten die Fachberatung für Fischerei des Bezirks Unterf ranken (Würzburg), zusammen mit der Aalschutzinitiative Rheinland-Pfalz und RWE-Energie AG, erneut ein Symposium zu den ungelösten und für den Fortbestand des Aales in unseren deutschen Gewässern äußerst bedrohlichen Problemen zu veranstalten.
Bei dem zweitägigen Symposium am 16. und 17. November waren eine Vielzahl von Fischereiwissenschaftlern, Fischereibiologen, Vertreter der Stromerzeuger, Berutsfischer, Vertreter der Fischereiverbände und sonstige interessierte Personen aus Deutschland und dem europäischen Ausland nach Veitshöchheim bei Würzburg gekommen, um die neuesten Ergebnisse von Untersuchungen sowie Möglichkeiten und Strategien zur Lösung der Probleme zu diskutieren. Eine ähnliche Veranstaltung hatte die Fachberatung für Fischerei des Bezirks Unterfranken bereits im November 1996 am gleichen Ort veranstaltet.
Ebenfalls fand bereits am 18. und 19. April 1996 in Bernkastel-Kuss eine Konferenz der Aalschutzinitiative Rheinland-Pfalz / RWE-Energie AG zum Thema "Schutz der Fischerei an Wasserkraftanlagen in stauregulierten Flüssen" statt.
Vorwegzunehmen und erfreulich für die Berufs- und Hobbyfischerei ist, daß auch die Seite derWasserkraftbetreiber, die seit langem bekannten massiven Probleme der Aalschädigungen durch Turbinen-und Rechenanlagen nicht mehr bestreitet.
Durch konsequente und kontinuierliche Offentlichkeitsarbeit und Darstellung der naturfeindlichen, tierschutzwidrigen und qualvollen Leiden der Fische, insbesondere der Aale, in Wasserkraftanlagen, ließen den Wasserkraftbetreibern keine andere Wahl, als die Tatsachen nicht mehr zu bestreiten und sich sogar an der Lösung der vorhandenen Probleme zu beteiligen.
Ein Vertreter der Bayernwerk-Wasserkraft AG sagte mir persönlich: "Wir stehen am Pranger und sind gezwungen, entsprechende schadensminimierende Maßnahmen zu ergreifen". Diese Erkenntnis kommt allerdings sehr verspätet und erst dann, als von Seiten der Fischerei zweifelsfrei die (den Betreibern sehr wohl bekannten) Probleme der Offentlichkeit immer wieder vor Augen geführt wurden und ein Abstreiten der schlimmen tierquälenden Zustände nicht mehr möglich war.
So hat sich die RWE als einer der großen Energiekonzerne in Deutschland an der Mosel bereit erklärt, sich einerseits an Forschungsvorhaben zu beteiligen und andererseits, ebenfalls an der Mosel, in den Herbstmonaten vor den Wasserkraftwerksturbinen die abwandernden Blankaale mit Schockern abzufangen und per LKW in den Rhein zu transportieren. Seit 1996 wurde zwar viel über die Probleme diskutiert, nennenswerte Lösungsansätze aber bisher nicht gefunden.
Bei dem Symposium in Veitshöchheim leitete Dr. Martin Bohl vom Bayerischen Landesamt für Wasserforschung - Versuchsanlage Wielenbach, mit einem eher nachdenklich stimmenden Referat zum Thema: "Lassen uns die Fischverluste in den Kraftwerksturbinen kalt?" die Veranstaltung ein. Klares Fazit: Die Aalschädigungen oder gar die Ausrottung dieser Tiere durch Wasserkraft können uns nicht kalt lassen, auch wenn die so gewonnene Energie als umweltfreundlich einzustufen sei.
Aus ethischen Gesichtspunkten ist der Bestand einer Tierart höher einzustufen als der Drang des Menschen, auf diese Art Energie zu erzeugen. zumal ihr Nutzen am Gesamten gering sei.
Als Beispiel für ökologisch unterschiedliches Verständnis unter Biologen, führte er den Biologen und Ornithologen Prof. Josef Reichholf an, der als Verfechter der Wasserkraft gelte. Er finde den Ausbau der ehemals kalten Gebirgsgewässer (z.B. lnn) zu staugeregelten Flüssen als gut, weil dadurch gleichzeitig bedeutende Rast- und Uberwinterungsplätze für viele Wasservogelarten geschaffen worden wären. Er fordere sogar ungenügend gereinigte Abwassereinleitungen, damit die Nahrungsgrundlage für seine Vögel verbessert würde. (Reichholf ist vehementer Gegner der Fischerei und durch viele fragwürdige und äußerst einseitige pro ornithologische Gutachten bekannt).
Bohl fragte: "Ist hier wohl ein vernünftiges ökologisches Verständnis vorhanden?"

Dipl.Ing. Hans-Peter Sistenich, RWE-Energie AG referierte zu "Wasserkraftnutzung im Spannungsfeld ökonomischer und ökologischerAnforderungen". Wievon einem Vertreterder Kraftwerksseite nicht anders zu erwarten, stellte er die Umweltfreundlichkalt der Wasserkraft und die Einsparung von Kohlendioxid in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen. Wegen dieser Umweltfreundlichkeit müsse ein gewisser Schaden an den Wassertieren hingenommen werden. Erforderte einen "realistischen und umweltpolitischen Naturschutz", womit er seine Widerspruch erzeugenden Anmerkungen zu rechtfertigen versuchte. Er lobte die oben schon beschriebene partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der Aalschutzinitiative in Rheinland-Pfalz.
Lothar Kroll von der oberen Fischereibehörde in Trier referierte zum Projektziel A: "Strategie, Planung und Sofortmaßnahmen" der Aalschutzinitiative Rheinland-Pfalz.
Zum Projektziel B: "Entwicklung eines Frühwarnsystems". referierte Dipl. Geogr. Klaus Oberwahrenbrock vom Institut für Hydrologie der Uni Trier. Durch Erfassung aller relevanter Parameter der Aalabwanderung soll durch Computerberechnung der Beginn der Aalabwanderung im Herbst vorhergesagt werden, um dann die Turbinen zu drosseln oder in dieser Zeit still zu legen.
Eine sehr theoretische Vorstellung, die in der Praxis wohl schnell an ihre Grenze stoßen wird, dass keine zu vereinheitlichenden Verhaltensmuster der Aalabwanderung geben wird.
Dr. Peter Wondrak vom Bezirk Unterfranken und Dipl. Biol. Manfred Holzner berichteten über die,,Vermeidung von kraftwerksbedingten Fischschäden am Main". Detailliert stellten sie die Ergebnisse der nun zweijährigen Untersuchungen an der Mainstaustufe Dettelbach dar.

Dort "verarbeiten" zwei Kaplan- Rohturbienen 130 Kubikmeter Wasser pro SeKunde und leisten dabei 2,96 MW. Der Laufraddurchmesser der Turbinen beträgt 3,54 m, die Fallhöhe ist 4,65 m, der Rechenabstand 100 mm. Im Zeitraum zwischen 1996 und 1998 wurden 30.000 im unterhalb des Turbinenauslaufes installierten Hamen erfaßt und ausgewertet.:

Die Auswertung der im Haman aufgefangenen Fische brachte neben den bekannten Schädigungen der Fische, wie z.B. mechanische Verletzungen, Durchtrennungen, Wirbelsäulenbrüche, Fleischwunden, Blutergüsse, Flossen- und Hautverletzungen aller Art, auch bisher nicht bekannte Verletzungen.
So wurden vorwiegend bei Forellen und Lauben erhebliche Augenverletzungen wie Augenblutungen und aufgeplatzte Augen festgestellt, die, wie auch die festgestellten Schwimmblasenverletzungen von den enormen Druckunterschieden zwischen Oberwasser und Unterwasser und beim Durchgang durch die Turbinen entstehen.
Bei den untersuchten Weißf schen gab es Totaldurchtrennungen, Abschürfungen, Schuppenverluste, Verlust des Schwanzstieles, Fleischwunden, Wirbelbrüche sowie Blutungen am Herzen und im Blutgetäßsystem vor. Hechte hatten überwiegend Schwimmblasenverletzungen und sind wie viele andere Fische erst nach einiger Zeit in der Hälterung an den zugefügten Verletzungen gestorben.
Zander, Barsche und sogar die kleinwüchsigen Kaulbarsche blieben von den Turbinenverletzungen nicht verschont und zeigten überwiegend Durchtrennungen, Wirbelbrüche, Blutergüsse und immer innere Verletzungen.
Alle Jungzander hatten Blutansammlungen an Schwanzstiel und Schwanzwurzel.
Es wurde durch die Untersuchungen am Main nochmals eindeutig belegt, daß nicht nur Aale in den Turbinen oder Rechenanlagen geschädigt werden, sondern ebenso alle anderen im Gewässer vorkommenden Fischarten inclusive des Welses! Klar wurde auch, daß an den Kraftwerken ganzjährig Fische allerArten in nennenswerten Zahlen geschädigt werden.
Zum Abschluß des ersten Tages referierten jeweils in einem Kurzreferat Dr. Beate Adam über ein vom Institut für angewandte Okologie patentierten Aal-Frühwarnsystem schnell strömenden Kanälen und Winfried Klein, Vorsitzender der IG-LAHN eV. und Referent für Offentlichkeitsarbeit des Verbandes Hessischer Sportfischer eV. über einen neuartigen "Rollrechen", der seit April 98 an der Wasserkraftanlage Hadamar in Betrieb ist und bisher erfreuliche Ergebnisse zeigte und mittlerweile Tausende von Fischen aller Art und jetzt im Herbst auch abwandernde Blankaale vor
dem Turbinentod rettete. Dr. Dietmar Schultze vom RP Kassel referierte als erster Redner des zweiten Tages über "Möglichkeiten der Fischabweisung an einem Wasserkraftwerk an der Fulda am Beispiel der Staustufe Wahnhausen".
Das Wasserkraftwerk Wahnhausen war durch unglaublich hohe Aalschädigungen - in einerNacht wurden mehr als eine Tonne abwandernde Aale getötet - in den letzten Jahren in die Schlagzahlen geraten. Seit dieser Zeit bemüht man sich, Abhilfe zu schaffen. Es wurden umfangreiche Untersuchungen zum Abwanderverhalten derAale im Labor angestellt, um hier einer Problemlösung näher zu kommen.
In den Versuchen hat man viele neue Dinge zum Abwanderverhalten der Aale -insbesondere das Verhalten in schnell ströhmenden Kanälen und am 20-mm-Rechen gelernt, doch konnten keine praktikablen und bezahlbaren Lösungen gefunden werden. Ein in Nordamerika eingesetzter sehrflach (15° geneigter Feinrechen (Wetch-wire-stream) mit lichten Weiten von 0,5 bis 5- mm könnte zwar das Problem lösen, doch verstopft sich dieser feine Rechen durch Feinpartikel und Laub schon nach wenigen Minuten.
Die Rechenreinigung sei zwar prinzipiell möglich, doch müßte im zwei-Minuten-Rhythmus gereinigt werden,was nur mit hohem technischen und finanziellen Aufwand zu machen wäre. Daher scheide diese Möglichkeit aus. Im Versuchskanal zeigte sich, daß die Aale schon bei geringen Anströmgeschwindigkeiten von 1 m/s sich nicht mehr selbst von normal geneigten 20 mm-Rechen lösen konnten.
Werner Marzluf von der Fa. Geiger (Karlsruhe) berichtete über elektrische Fischscheuchanlagen vor Turbinenanlagen unter dem Thema: "Elektrischer Fischschutz mit modernen High Tech-Systemen".
Es wurden in den letzten Jahren zwar einige solcher Anlagen installiert, doch konnte er keine Referenzanlagen nennen, wo das System zufriedenstellend oder ansatzweise erfolgreich funktioniert.
Interessant war eine neue Entwicklung mit Bezeichnung "Komprimat" zurTrennung von Rechengut und Fischen mit Hilfe der Elektrofischerei. Dieses System kann z. B. bei Prozeßwasserentnahmestellen der Industrie, zurTrennung von Fischen und Rechengut, zum Einsatz kommen, sei aber auch sehr teuer.
Rechtsanwalt Johannes Hügel aus Würzburg referierte über,,Fischerei und tierschutzrechtliche Aspekte". In dem äußerst interessanten Vortrag stellte der Anwalt das juristisch schwierige Problem der Fischschädigungen durch Wasserkraftanlagen dar.
Der lebende Ködertisch sei der Fischerei durch Urteile und Gesetz verboten worden. Dies stehe in keinem Verhältnis zu den enormen und bekannten Schädigungen von Fischen in Wasserkraftanlagen und dem Tierschutz. Eine Klage auf Unterlassung nach § 13 StGB sei nur dann erfolgreich, wenn der Betreiber einer WKA vorsätzlich Maßnahmen zurSchadensbegrenzung verhindere. Das Problem sei jedoch, daß es bisher keine funktionierenden schadensmindernden Anlagen gäbe.
Wenn allerdings funktionsfähige Anlagen vorhanden wären, so könnte der Einbau einer solchen aufgrund der Vorgaben des Tierschutzgesetzes angeordnet werden.
Aalbesatz zum Ausgleich für die Schäden durch Turbinen, wie sie in vielen Genehmigungsbescheiden festgeschrieben sind, wären ein bisher nicht bewältigtes Problem und abzulehnen.
"Zur Situation an der mittleren Donau" berichtete der Berufsfischer Josef Omasreiter. Auch an der Donau sei die Energiegewinnung aus Wasserkraft ein großes Problem.
Die meisten Kraftwerke würden im Schwellbetrieb gefahren und richten nicht nur Schäden an Fischen durch Turbinen an, sondern schädigten die gesamte Flußökologie durch sich dauernd verändernde Wasserstände von ca. 1,5 Metern.
Im letzten Vortrag ging es um "Voruntersuchungen zur Ultraschallortung von Aalen" vor Turbinenanlagen. Herr Maffukat (Uni Konstanz) zeigte, daß Aale mit Echoloten von anderen Fischen in Gewässern unterschieden werden können. Ob solche Möglichkeiten genutzt werden können, um den einsetzenden Aalzug zu erkennen, müsse in weiteren Versuchen nachgewiesen werden. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß Veranstaltungen zur Lösung der Aalprobleme in regelmäßigen Abständen durchgeführtwerden müssen.
Leider ist man - trotz intensiver Forschungen in den letzten Jahren - nicht viel weitergekommen, um die an allen Wasserkraftwerken immer wieder vorkommenden Schädigungen aller Fischarten (und anderer Wassertiere) zu mindern oder ganz abzustellen. Da die Schäden jährlich wie-
derkehren, muß schnellstmöglich eine Lösung gefunden werden. Da die Natur und gleichermaßen die Fischerei die Schäden zu tragen haben, sollten wir die Probleme regelmäßig in den uns zur Verfügung stehenden Medien darstellen.
Der vorliegende Bericht soll dazu die nötigen Informationen liefern. Voraussetzung ist jedoch, daß man die Wasserkraftanlagen in der fraglichen Zeit (September bis Dezember) beobachtet und die Schäden dokumentiert.

Winfried Klein

  Inhalt Letzter Sender Beiträge Seiten Letzter Beitrag
  ClosedGeschlossen: Keine neuen Themen        

Themenbereiche | Letzter Tag | Letzte Woche | Explorer-Ansicht | Suche | Benutzerliste | Hilfe/Anleitungen | Lizenz Admin