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Veröffentlicht am Samstag, den 03. März, 2001 - 14:33:   

Trichoptera (Köcherfliegen) - eine wenig beachtete Ordnung

Im Deutschen werden die Trichoptera als Köcher-fliegen bezeichnet, im Englischen heißen sie Caddis flies. Diese irritierende Benennung läßt nicht auf Anhieb erkennen, daß sie systematisch den Schmetterlingen (Lepidoptera) weit näher stehen, als den Fliegen oder Zweiflüglern (Diptera). Wie bei den Lepidoptera (gr. he lepís, -ídos = die Schuppe) ist die Behaarung der Flügel (gr. Trichos = das Haar, to pteron = der Flügel) für die Namensgebung dieser Tiergruppe ursächlich gewesen.

Die meisten Köcherfliegenarten besitzen eine unscheinbare braune Flügelfärbung, nur wenige Arten sind auffällig gezeichnet (z.B. Hagenella clathrata KOLENATI 1848, Oligostomis reticulata LINNÉ 1761, Potamophylax luctuosus PILLER & METTERP. 1783) oder zeigen einen schwarzblau-metallischen Glanz (z.B. Mystacides azurea LINNÉ 1761).

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal zu den ähnlichen Lepidoptera findet sich in der Ausgestaltung der Mundwerkzeuge. Während Köcherfliegen ihre Nahrung leckend über ein schwammartiges Haustellum aufnehmen, besitzen Schmetterlinge einen auffälligen Rollrüssel zur saugenden Nahrungsaufnahme.

Sehr unterschiedlich sind die Größen der einzelnen Trichopterenarten. Die winzigen Hydroptiliden haben Vorderflügellängen von z.T. nur 3 mm, während die großen Limnephiliden und Phryganeiden Vorderflügellängen von bis zu 28 mm haben und Spannweiten von 60 mm erreichen können.

Im Unterschied zu den nahe verwandten Schmetterlingen, deren Larven (Raupen) und Imagines terrestrisch leben, zeigen Köcherfliegen eine merolimnische Lebensweise, d.h., die Larven der Trichoptera entwickeln sich in unterschiedlichsten Still- und Fließgewässern, während die geschlüpften Imagines das Wasser verlassen und terrestrisch leben. Einzige Ausnahme ist hierbei die Gattung Enoicyla, deren Larven landlebend sind.

Die Larven der Köcherfliegen vermögen unter Wasser Fangnetze, Wohnröhren Larvenköcher oder Puppenkokons zu spinnen. Viele Arten spinnen einen röhrenförmigen Köcher, an dem sie organisches und/oder mineralisches Material befestigen. Diesen Köcher tragen sie mit sich herum und nutzen ihn später als schützenden Kokon zur Verpuppung. Im Unterschied zu den nahe verwandten Schmetterlingen vollzieht sich das Puppenstadium dieser holometabolen Insekten unter Wasser.

Entsprechend des Nahrungsangebotes in den verschiedenen Gewässertypen haben die Köcherfliegen unterschiedliche Anpassungsformen zum Nahrungserwerb entwickelt. Unter ihnen finden sich Zerkleinerer von Laub oder Holz, aber auch Detritusfresser, Filtrierer, Weidegänger und Räuber.

Die wenig spezialisierten Mundwerkzeuge der Trichopteren erlauben den sich primär zerkleinernd, filtrierend oder weidend ernährenden Larven auch eine gelegentliche räuberische Ernährungsweise. Die köcherlosen Arten der Philopotamidae, Hydropsychidae und Polycentropodidae bauen Fangnetze am Gewässergrund und filtern hiermit ihre Nahrung aus der Strömung oder sie sind Räuber wie die Rhyacophilidae und suchen im schlammfreien Lückensystem kiesig-steiniger Bäche nach Beute.

Nach dem Schlüpfen verlassen die Imagines das Wasser und ruhen bei ungünstigen Flugbedingungen in der Ufervegetation verdeckt unter Blättern. Nach dem Paarungsflug legen die Weibchen ihre Eier an oder in Gewässern ab, wodurch der Zyklus von neuem beginnt. Bei vielen Fließgewässerarten führen sie vor der Eiablage einen bachaufwärts gerichteten Kompensationsflug durch, der die strömungsbedingte Verdriftung der Larven ausgleicht.

Die Köcherfliegen sind eine von Entomologen wenig beachtete Insektenordnung, die als Imagines regelmäßig auch abseits der Gewässer in der nächsten Umgebung des Menschen gefunden werden können. Die Erforschung dieser Insektenordnung ist noch längst nicht so weit fortgeschritten wie z.B. die der Schmetterlinge (Lepidoptera). So gibt es noch viele offene Fragen in der Larvaltaxonomie, aber auch in der Imaginaltaxonomie besteht noch Forschungsbedarf. Von vielen Arten sind Vorkommen und Verbreitung noch ungenügend bekannt.

In Rheinland-Pfalz gibt es nach derzeitigem Wissensstand 209 Köcherfliegenarten, in der Bundesrepublik Deutschland sind 313 Arten bekannt (Robert, B., i.V).

Aufgrund ihrer Anpassung an bestimmte Gewässertypen und -qualitäten eignen sich viele Arten gut als Bioindikatoren. Die Köcherfliegen bilden daher bei der biologischen Gewässergüteüberwachung eine der größten Gruppen in den gängigen Saprobiensystemen zur Beurteilung des Belastungszustandes von Fließgewässern.

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