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Veröffentlicht am Donnerstag, den 04. Januar, 2001 - 15:39:   

Babyboom


Die natürlichen Fischbestände sind in vielen Regionen so gut wie erschöpft, die Nachfrage nach Fischen und Meeresfrüchten hingegen wird in den kommenden zehn Jahren voraussichtlich um 25% steigen. Um hier Abhilfe zu schaffen, soll ein einfaches und effektives Mittel zur zeitlichen Steuerung der Fortpflanzung von Zuchtfischen der europäsichen Aquakulturindustrie große Vorteile bringen.

Die Laichzeit vieler kommerzieller Fischarten, wie zum Beispiel Forellen, dauert in der Regel bis zu 2 Monate. In dieser Zeit müssen brütende Fische mindestens einmal pro Woche visuell inspiziert werden", erklärt Olivier Lescroart vom Laboratorium für Aquaökologie der Katholischen Universität Löwen (KUL). „Die Möglichkeit, die Laichablage zu induzieren, erlaubt eine effizientere Nutzung der Laicheinrichtungen sowohl erhebliche Kosteneinsparungen."
Laichen kann durch die Verabreichung geringer Mengen von gonadotrope Hormone freisetzendem Peptid (GnRH) induziert werden. In der Praxis bedeutet dies heute allerdings, daß man die Fische einzeln fangen und ihnen das Peptid injizieren muß, ein Verfahren, das sowohl arbeitsintensiv als auch stressig für die Fische ist. Darüber hinaus ist eine Anästhesie erforderlich. Aus diesem Grunde greifen Forellenzüchter auf diese Methode nur dann zurück, wenn sie spezifische Fortpflanzungsprogramme durchführen oder der Preis für Fischeier besonders hoch ist. In der Lachsindustrie verbreitet sich dieses Verfahren allerdings zusehends.

Verabreichung mit dem Futter
Der KUL und ihren Partnern gelang es nun, ein innovatives System zu entwickeln, mit dem GnRH in Form von speziell zusammengesetzten Pellets oral verabreicht werden kann.
Das Innovationsprojekt(1), in dem die KUL eng mit Intervet International, einem in den Niederlanden ansässigen Unternehmen für Tiergesundheit, zusammenarbeitet, baut auf der Arbeit früherer EU-Forschungsprojekte unter dem Programm FAR (Fischerei und Aquakulturforschung) auf. Im Ergebnis führte dies zur Entwicklung eines Basissystems für orale Verabreichung, für das die KUL und ihre Partner ein Patent beantragt haben. Mit dem derzeitigen Projekt wollten sich die KUL und ihre Partner, Intervet und zwei französische Unternehmen - SYSAAF, die Kooperative der Fisch- und Geflügelzüchter, und das Laboratorium für Fischphysiologie INRA in Rennes - , der Herausforderung stellen, ein kommerzielles Produkt zu entwickeln.
„Das System besteht aus Mikro-Kapseln, ca. 500 micron groß, die durch Granulierung entstehen", sagt Lescroat. „Sie enthalten sowohl das Peptid, das von Intervet geliefert wird, als auch Absorptionsverstärker. Damit werden ein grenzflächenaktiver Stoff und eine ölige Substanz kombiniert, wodurch die Durchlässigkeit der Darmwand erhöht und die Peptidaufnahme in den Darm-Trakt der Fische verbessert wird. Damit die Fische die Mikro-Kapseln aufnehmen, müssen diese in futterähnliche Pellets von ca. einem halben Zentimeter Durchmesser integriert werden. Ihre Haltbarkeit ist allerdings äußerst hitze- und fechtigkeitsempfindlich, beides Faktoren gewöhnlicher Futterherstellungsprozesse."

Zurück an den Start
Die beiden ersten Hürden wurden zu Beginn des Projekts genommen. Unter Einsatz geeigneter Bindemittel entwickelte die KUL eine Methode zur Integration der Mikro-Kapseln in Pellets, die von Fischen problemlos als Nahrung akzeptiert wurden, und weder Peptid noch Absorptionsverstärker wurden beeinträchtigt.
Aber dann stießen sie auf ein unerwartetes Problem. „Wie Säugetiere haben auch die meisten Fische Säure im Magen", erklärt Lescroart. „Wir konzipierten die Mikro-Kapseln, um zu verhindern, daß das Peptid im Magen freigesetzt wird. Aber bei Fischen passiert die Nahrung den Magen nur sehr langsam. Das Problem war, daß die Freisetzung des Peptids im Darm über einen so langen Zeitraum erfolgte, daß der Gehalt im Blut niemals den zur Auslösung des Laichens erforderlichen Grenzwert erreichte."
Um das Problem zu lösen, war eine komplette Neuformulation notwendig. „Dies war ein großer Rückschlag", gesteht Lescroart. „Aber nun ist es uns gelungen, Pellets herzustellen, die bei Welsen perfekt funktionieren. Man füttert sie eigenhändig mit den Pellets, und am Tag darauf legen sie Laich ab."

Großangelegte Tests
Dieses Ergebnis ist an sich von geringem kommerziellen Interesse, da Welse naturgemäß sehr fruchtbar sind - es bedarf nur weniger Fische, um eine Zucht anzulegen. Die neue Formulation hat sich allerdings in von INRA durchgeführten Laborversuchen auch für Forellen als sehr brauchbar erwiesen, und SYSAAF hat vor kurzem mit einem großangelegten Test in einer seiner Forllenzuchtanlagen begonnen.
„Am Anfang werden Forellen den Hauptmarkt bilden", glaubt Lescroart. „Und zwar einige Zeit, bevor der Industrie ein kommerzielles Produkt zur Verfügung stehen wird. Intervet hat bereits eine Option, um die Technologie in Lizenz zu vergeben, aber das Produkt muß noch weiterentwickelt werden."
Langfristig erwartet Lescroart, daß orale Peptide in der weitaus größeren Lachsindustrie eingeführt werden, die in Norwegen und Chile von besonderem wirtschaftlichen Gewicht, aber auch in Großbritannien und Irland nicht unbedeutend ist. Damit verbunden wäre allerdings, daß die Züchter ihre bisherigen Managementmethoden der Bestände ändern, so daß davon auszugehen ist, daß die Annahme schrittweise erfolgen wird.
Für die europäischen Forellenzüchter dürfte die Verabreichung der speziellen Laich-Pellets eine Woche vor der gewünschten Laichablage jedoch nicht komplizierter sein als die normale Fütterung. Sie können sich in Zeiten einer ansteigenden Nachfrage nach ihrem Produkt auf eine verbesserte Effizienz freuen und europäische Verbraucher mit viel frischem Fisch zu attraktiven Preisen versorgen.

(1)IN10062I - Orale Laich-Induktion bei Fischen.

Kontakt


Europäische Kommission, GD XIII/D-2 - Innovationsprojekte und Verfahren
Fx. +352 4301 32100


O. Lescroart, KUL
Tl. +32 16 32 39 66
Fx. +32 16 32 45 75
E-M. olivier.lescroart@bio.kuleuven.ac.be

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