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Veröffentlicht am Freitag, den 07. September, 2001 - 11:00:   

"Der Einfluß akustischer Signale auf marine Nutzfische"

Christian Oedinger, Sven Koschinski, B. Culik

Stand der Forschung
Schweinswale leben in gemäßigten Breiten im Schelfbereich des nördlichen Pazifik und Atlantik sowie deren Rand- und Nebenmeeren (GASKIN, 1984; SCHULZE, 1996). An beiden Küsten des Nordatlantiks und in der Nord- und Ostsee geht man trotz Unsicherheiten in den Erfassungsmethoden von Bestandsrückgängen aus. In der zentralen Ostsee gibt es praktisch keine Schweinswale mehr (GASKIN, 1992; REJNDERS, 1992).

Obwohl die Belastung mit organischen Schadstoffen sowie Nahrungsmangel durch Überfischung der wichtigsten Beutefische Hering (Clupea harengus) und Makrele (Scomber scombrus) als Gründe hierfür diskutiert werden (KREMER, 1991; REJNDERS, 1992), scheint weltweit der Beifang von Schweinswalen in Stell- und Treibnetzen die Hauptursache für den Bestandsrückgang zu sein (z. B. LEATHERWOOD & REEVES, 1986; GASKIN, 1992). Kiemen- und Spiegelnetze haben die höchsten Beifangraten; die weitaus geringere Menge von Beifängen stammt aus der Schleppnetzfischerei und aus Fischfallen (LOWRY & TEILMANN, 1994; PERRIN et al., 1994). Auch in der deutschen Fischerei stammen über 95 % der Beifänge aus Stellnetzfängen, überwiegend aus der Fischerei auf Kabeljau (Gadus morhua) (KOCK & BENKE, 1996).
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"Der Einfluß akustischer Signale auf marine Nutzfische"

Christian Oedinger, Sven Koschinski, B. Culik

Ziele und Arbeitsprogramm

Von Experimenten mit den oben genannten Nutzfischarten erwarten wir eine Klärung der Frage, welche Frequenzen und Schalldrücke diese wahrnehmen können und ob Fangerträge durch die Verwendung von Piepern (zur Verringerung des Beifangs mariner Säuger) eingeschränkt wird. Darüberhinaus wollen wir versuchen, die von Kraftwerkbettreibern genutzen Schallerzeuger hinsichtlich ihres Frequenzgangs zu optimieren, um Wege für eine Veringerung der Fischmortailtät bei gleichzeitiger Verringerung der Schallverschmutzung im Kraftwerksbereich zu erzielen.

Aquarienversuche

Am Institut für Meereskunde Kiel sind Versuche zur Frequenzwahrnehmung und zum Verhalten von Fischen gegenüber verschiedenen Piepern (2,5 kHz; 10 kHz; variable Frequenzen) geplant. Die Versuche sollen von einer wissenschaftlichen Hilfskraft (Diplomand) durchgeführt werden. Dazu werden in einer ersten Versuchsreihe Heringe und Dorsche in ausgekleideten Plastiktanks gehältert, über denen eine Videokamera angebracht wird. Zur besseren Beobachtbarkeit der Fische wird der Boden mit hellem Kies ausgestreut. Die Plastiktanks mit den Fischen sind bereits im Institut für Meereskunde vorhanden; um die akustischen Bedingungen in den Tanks zu optimieren, müssen diese lediglich mit Neopren ausgekleidet werden.

In den Tanks werden mittels Hydrophonen und PC Piepersignale simuliert, die vom Nebenraum (in dem sich auch der Beobachter aufhält, um Störungen zu vermeiden) in Frequenzspektrum und Intensität variiert werden können. Anhand verschiedener Parameter (Abstand der einzelnen Tiere zum Hydrophon bzw. zu den Artgenossen, Flossenschlagfre-quenz, Schwimmgeschwindigkeit vor bzw. nach Signalerzeugung) wollen wir ermitteln, ob die Fische die Signale wahrnehmen können und mit verändertem Verhalten reagieren. In einer weiteren Versuchsreihe werden die bereits zur Beifangvermeidung verwendeten Piepertypen entsprechend untersucht. Um den Schallpegel in Abhängigkeit der Reaktionsdistanz der Fische zu ermitteln, werden Frequenz- und Lautstärkemessungen in verschiedenen Abständen zur Schallquelle gemessen. Für diese Messungen benötigen wir ein kalibriertes Hydrophon (HS 70, Sonar Products, UK) mit Vorverstärker und einen Frequenzanalyser.

Netzkäfigversuche

In einer zweiten Versuchsreihe werden die Experimente in einem Netzkäfig in der Kieler Förde (nahe der Institutspier) wiederholt, um den Widerhall von begrenzenden Strukturen (wie der Wände der Aquarien) auszuschließen. Auch hier werden Frequenz- und Lautstärkemessungen in verschiedenen Abständen zur Schallquelle durchgeführt (siehe oben). Die Pontons, an denen die Netzkäfige aufgehängt werden, können von der Bundeswehr geliehen werden.

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Während passive Reflektoren nur dann einen Einfluß auf das Verhalten von Kleinwalen haben können, wenn die Tiere Echoortung betreiben, haben mit Piepern ausgerüstete Netze den Vorteil, daß sie ständig wahrnehmbar sind. In der Vergangenheit wurde daher versucht, Kleinwale mit für sie unangenehmen Geräuschen von Netzen fernzuhalten (z. B. KRAUS et al., 1995; LIEN et al., 1995). Um mit der Akzeptanz der Pieper bei Berufsfischern rechnen zu können, muß ihre Frequenz so gewählt werden, daß sie im optimalen Hörbereich der Schweinswale liegt und gleichzeitig höher ist als das Spektrum, das Nutzfische wahrnehmen, um die Fangeigenschaften der Netze nicht zu beeinträchtigen.

In der Vergangenheit wurden mit Hilfe von Konditionierungsmethoden für viele Fischarten Hörbereiche ermittelt, die überwiegend im niederfrequenten Bereich liegen (vgl. HAWKINS, 1993). So fand BUERKLE (1967) bei Untersuchungen am Kabeljau eine akustische Wahrnehmung nur unterhalb einer Frequenz von 0,4 kHz. Nur wenige Fischarten reagieren auf Geräusche oberhalb 2 oder 3 kHz, vor allem die Ostariophysi (Karpfenartige (Cypriniformes) und Welse (Siluriformes)) (HAWKINS, 1993). Der Frequenzbereich der verwendeten Pieper in den oben aufgeführten Untersuchungen wird von vielen der betroffenen Nutzfischarten (v. a. Kabeljau und Plattfische) also vermutlich nicht wahrgenommen. LIEN et al. (1995) berichteten jedoch, daß in ihrem Experiment 1992 signifikant weniger Seelachs (Pollachius virens) und Kabeljau in Netzen mit 2,5 kHz Piepern gefangen wurden. In den Experimenten von 1993 und 1994, als ein anderer Pieper-Typ mit derselben Hauptfrequenz verwendet wurde, fanden LIEN & HOOD (1994) und LIEN et al. (1995) hingegen keine signifikanten Unterschiede.

KRAUS et al. (1995) ermittelten bei der untersuchten Kabeljau- und Seelachsfischerei keine signifikanten Unterschiede im Fangertrag dieser Arten zwischen Netzen mit und ohne Pieper. Allerdings wurden in Kontrollnetzen ohne Pieper über 6 mal mehr Heringe. Obwohl die Heringe in der untersuchten Fischerei nur Beifang waren, gibt dieses Ergebnis Anlaß zur Annahme, daß die Heringe den 10 kHz-Pieper wahrgenommen haben könnten. Ähnlich wie die Ostariophysi haben auch Heringsartige (Clupeiformes) eine akzessorische Verbindung zwischen Schwimmblase und Innenohr. Diese erfolgt nicht wie bei den Ostariophysi über die Weberschen Knöchelchen sondern durch ein Paar über Verbindungskanäle an die Schwimmblase angeschlossene Luftsäcke, die bis in die Bullae reichen. Dies könnte für die vergleichsweise gute Wahrnehmung höherer Frequenzen verantwortlich sein. So konnten beim Hering bei hohen Schalldrücken noch bis zu einer Frequenz von 8 kHz Nervenimpulse an der Medulla abgeleitet werden (BERNSTEIN, 1970).

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