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Chris

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Veröffentlicht am Samstag, den 25. August, 2001 - 21:29:   

Ist zwar schon etwas älter aber ganz interessant
Wenn ihr euch dafür interessiert und es euch nicht zu lang ist könnt ihr es euch ja mal durchlesen.

4.5 Produkt 5: Niddakonzept/Renaturierung von Fließgewässern

Die Landschaft des Wetteraukreises wird in weiten Teilen durch die Flüsse Wetter, Nidda, Nidder, Seemenbach und Usa und deren Auen geprägt.
Alle übrigen o. g. Flüsse münden in die Nidda, die das zentrale Gewässer der Region ist. Sie entspringt am Taufstein im hohen Vogelsberg und mündet bei Frankfurt/Höchst in den Main.
Die Nidda verursachte in der Vergangenheit regelmäßig im Frühjahr und Herbst durch Hochwässer im Mittel- und Unterlauf schwerste Schäden in der Landwirtschaft und insbesondere in den Ortslagen der angrenzenden Städte und Gemeinden. Daher wurde sie in den Jahren zwischen 1961 und 1973 ausgebaut und kanalisiert. Im Vordergrund der Flussregulierung stand der erforderliche Hochwasserschutz. Auf ökologische Belange wurde deshalb zu dieser Zeit wenig Rücksicht genommen.
Große Überschwemmungsflächen in der Niddaaue, die dem Wasserrückhalt dienten, sogenannte Retentionsräume, gingen verloren. Da diese Gebiete nunmehr hochwasserfrei waren, konnten die Grünlandflächen ackerbaulich genutzt werden oder sie standen als Siedlungserweiterungsflächen zur Verfügung.
Durch die Entwässerung wurden viele ehemals bedeutsame Feuchtgebiete, die charakteristischen, an Feuchtland gebundenen Tier- und Pflanzenarten als Lebensräume dienten, zerstört. Ehemals häufig vorkommende Arten verschwanden aus weiten Bereichen der Niddaaue.
Der Fischbestand und der Bestand an Kleinlebewesen in der Nidda ging durch die Strukturarmut des Gewässers rapide zurück und die Artenvielfalt verarmte zusehends. Ferner kam es in Folge des schnellen Abflusses des Wassers aus der Region zu einer Hochwasserverschärfung an Main und Rhein.
Bereits im Umweltbericht des Wetteraukreises von 1984 wurde daher die Renaturierung der Nidda gefordert, um die entstandenen ökologischen Schäden zu beheben oder um sie zumindest zu minimieren.
Nach einer Phase des Nachdenkens kamen im Jahre 1990 auf Einladung des damaligen Umweltdezernenten der Stadt Frankfurt, Herrn Tom Königs, Vertreter/innen der Anrainerkommunen, der betroffenen Landkreise, des Umlandverbandes Frankfurt, der Landwirtschaft, des Gewerbes und der Industrie, der Naturschutzverbände und der Landesbehörden zur ersten sog. Nidda-Konferenz zusammen.
Die Nidda-Konferenz hatte die Zielsetzung, die Probleme, die im Zusammenhang mit dem Fließgewässer anstanden, gemeinsam zu erörtern und Lösungsansätze vorzuschlagen. Im Vordergrund der Diskussion stand die naturnahe Gestaltung der ausgebauten Nidda und ihrer Auen bei gleichzeitiger Sicherung des bestehenden Hochwasserschutzes.
Da nach Sichtung des vorhandenen Datenmaterials sehr schnell deutlich wurde, dass eine Aktualisierung desselben erforderlich war, beschloss die zweite Nidda-Konferenz im Dezember 1990, ein Entwicklungskonzept für das gesamte Niederschlagsgebiet der Nidda erstellen zu lassen. Zur fachlichen Koordination des Projektes berief die Nidda-Konferenz eine Lenkungsgruppe ein.
Diese bestand aus den Gebietskörperschaften der Stadt Frankfurt, dem Wetteraukreis, den Wasserverbänden "Nidda" und "Nidder/Seemenbach", den Fachbehörden Wasserwirtschaftsamt, Obere Naturschutzbehörde, Landwirtschaftsverwaltung und den nach § 29 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) anerkannten Naturschutzverbänden. Die Leitung der Lenkungsgruppe übernahm der Wetteraukreis. Als Planungsträger wurde der Wasserverband "Nidda" beauftragt.
Im Dezember 1995 wurde das Entwicklungskonzept "Naturnahe Nidda" von der Arbeitsgemeinschaft Büro Naturprofil und Büro Herrchen und Schmitt dem Wasserverband übergeben.
Das Entwicklungskonzept besteht im wesentlichen aus einer landschaftsökologischen und landschaftsplanerischen Betrachtung des Fließgewässers unter Berücksichtigung der wasserwirtschaftlichen Anforderungen an den Hochwasserschutz.
Aus der Gesamtschau der untersuchten Gewässer und der Auen werden Entwicklungserfordernisse und Maßnahmen aufgezeigt, die eine weitgehend naturnahe Entwicklung der Gewässer und ihrer Auen ermöglichen. Einzelmaßnahmen sollen sich sinnvoll in das Gesamtkonzept einfügen.
In den Jahren 1991 bis 1997 wurden bereits mehrere Teilstrecken der Nidda im Raum Bad Vilbel und Niddatal renaturiert. Hierbei handelte es sich vorwiegend um kleinräumige Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstruktur im besiedelten Bereich, die eine Reaktivierung der Auen wegen des erforderlichen Hochwasserschutzes nicht zuließen. Die Maßnahmen dienten ausschließlich der ökologischen Aufwertung des Fließgewässers mit dem Ziel einer Biotopverbesserung und einer Erhöhung des Artenspektrums.
Im Jahre 1999 wurden zwei Wehre an der Usa, die ebenfalls zum Plangebiet gehört, im Bereich Ober-Mörlen umgebaut, um die Durchgängigkeit für die Gewässerorganismen zu gewährleisten. Hierfür wurden ca. 100.000 DM aus Fördermitteln der Grundwasserabgabe und der naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgabe eingesetzt.
Dem Ziel der hindernis- und unterbrechungsfreien Durchgängigkeit der Gewässerstrecken kommt gemäß dem Entwicklungskonzept eine besondere Bedeutung zu.
Der Wasserverband "Nidda" und "Nidder/Seemenbach" hat in enger Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde des Wetteraukreises, mit dem staatlichen Umweltamt Frankfurt beim Regierungspräsidium Darmstadt und den betroffenen Städten und Gemeinden 1999 vier Anträge zur Finanzierung der Renaturierung der Fließgewässer Nidda und Nidder bei der Wasser Agentur Hessen (HLT) gestellt.
Es handelt sich um folgende Projekte:

4.5.1 Renaturierung der Nidda bei Dauernheim

· Auf einer Länge von ca. 2,5 km sollen die Ufer der Nidda durch Wechsel von Einengung und Aufweitung, durch unterschiedliche Böschungsneigungen und Abflachungen umgestaltet werden. Im Fließgewässer ist der Einbau von Leitwerken (Buhnen und Wurzelstrünke) zur Verbesserung der Gewässerstruktur und zur Schaffung abwechslungsreicher Kleinbiotope geplant.
· Zur Auenreaktivierung ist die Beseitigung der Uferdämme des Schwaasgrabens und die Abflachung der Ufer des Heeggrabens geplant. Hierdurch soll ein früheres Ausufern der Nidda in den angrenzenden Retentionsraum von mehr als 75 ha und die Abführung der Hochwässer über Grabensysteme erreicht werden.
· Der Kostenrahmen beträgt ca. 3,4 Millionen DM.

4.5.2 Renaturierung der Nidda im Bereich der Ortslage Bad Vilbel-Dortelweil

· Durch den Einbau von Buhnen, Buchten und Bermen sollen die Strömungsdiversität und die Uferlinie aufgewertet werden. Durch die Erhöhung der Strukturvielfalt sollen neue Kleinbiotope zur Anhebung des Artenspektrums geschaffen werden. Entsprechende Maßnahmen haben sich bereits im Bereich der Ortslagen Bad Vilbel, Karben und Niddatal bewährt.
· Der Kostenrahmen beträgt ca. 164.000 DM.

4.5.3 Renaturierung des "Niddaknies" bei Dortelweil

· Zur Verbesserung der Eigenentwicklung der Nidda im Bereich der Gemarkung Dortelweil sollen die Dämme 20 m zurückverlegt werden. Entlang des Fließgewässers entsteht eine ca. 20 m breite Sukzessionsfläche. Durch den Einbau von Leitwerken (s.o.) sollen die Gewässerstruktur und die Strömungsdiversität aufgewertet werden.
· Der Kostenrahmen beträgt ca. 630.000 DM.

4.5.4. Renaturierung der Nidder im Bereich des Naturschutzgebietes "Bruch von Heegheim"

· Zur Verbreiterung der Uferparzelle wird ein Weg zurückverlegt.
· Es sind Uferabflachungen und die Bepflanzung derselben mit heimischen standortgerechten Gehölzen geplant. Hierdurch soll die Strukturvielfalt des Gewässers verbessert werden.
· Der Kostenrahmen beträgt ca. 165.000 DM.
Für alle o.g. Maßnahmen liegen bereits konkrete Vorplanungen vor. Die Planungsaufträge wurden ebenfalls vergeben, so dass bei Vorlage der Zuwendungsbescheide durch die HLT mit der Ausführung im Jahre 2000 begonnen werden kann.
Neben den o.g. Planungsvorhaben werden derzeit Vorplanungen für folgende Renaturierungsmaßnahmen erstellt, um im ersten Quartal 2000 entsprechende Finanzierungsanträge zu stellen:

4.5.5 Renaturierung der Nidda und Reaktivierung ihrer Aue zwischen Karben und Nieder-Wöllstadt

· Hier soll die Strukturgüte der ausgebauten Nidda durch Aufweitungen, die Anlage von Buhnen, Buchten und Bermen verbessert werden.
· Ferner ist durch die Anhebung der Sohle des Fließgewässers eine gezielte Erhöhung des Grundwasserstandes geplant.
· Zur Sicherung einer weiteren landwirtschaftlichen Nutzung der Aue und zur Gewährleistung des Hochwasserschutzes werden derzeit umfangreiche Messungen des Grundwassers mittels einer Anzahl von Pegeln durchgeführt.
· Um die Auswirkungen einer Anhebung der Gewässersohle auf die umliegenden Flächen besser einschätzen zu können, wird eine Probeanhebung für einen Zeitraum von zwei Jahren angestrebt.
· Die Genehmigungsunterlagen werden erarbeitet, so dass mit einer Ausführung im Jahre 2000 zu rechnen ist.

4.5.6 Renaturierung der Nidda und Reaktivierung der Aue im Bereich der Nidda-Brücke in Ober-Florstadt

Hier soll die Nidda nach dem Vorbild der Renaturierung in Bad Vilbel an der Brücke B 3 a allerdings beidseitig auf einer Fließlänge von rund 500 m renaturiert werden.
· Es sind Aufweitungen am Flusssystem, Uferabflachungen, Anpflanzungen im Uferbereich und die Bereitstellung eines ca. 25 m breiten Sukzessionsstreifens geplant.
· Die Planunterlagen werden derzeit erstellt.

4.5.7 Umgestaltung des Wehres in Staden

Das Wehr Staden ist die einzige noch vorhandene nicht fischdurchgängige Barriere zwischen den Städten Frankfurt und Nidda. Es unterbricht somit noch die ansonsten längste fischdurchgängige Gewässerstrecke in Hessen.
· Die Barrierenwirkung des Wehres soll durch den Bau eines Umgehungsgerinnes ausgeschaltet werden.
· Die Planungsunterlagen werden derzeit erstellt, so dass die Umsetzung im Jahre 2000 erfolgen kann.
· Die Finanzierung ist aus Mitteln der naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgabe vorgesehen.
Die o. g. Planungen sind zwischen dem Wasserverband "Nidda" und "Nidder/Seemenbach", den betroffenen Städten und Gemeinden und den beteiligten Behörden eng abgestimmt.
Sofern die Realisierung während der geplanten Zeitabschnitte erfolgen kann, ist ein gewichtiger Teil des Niddakonzeptes in Angriff genommen.

4.5.8 Weitere Maßnahmen zur Gewässerrenaturierung

Im Wetteraukreis wurde 1997 und 1998 der Rosbach aus Mitteln der naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgabe und durch eine Ersatzmaßnahme für ein Bauvorhaben eines privaten Bauherren renaturiert. Er ist von seinem Entstehungsgebiet im Taunus bis zur Ortslage Nieder-Wöllstadt naturnah gestaltet und bietet einer Vielzahl heimischer Tier- und Pflanzenarten Rückzugs-, Nahrungs- und Bruthabitate.
Aus Mitteln der naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgabe wurde 1999 der begradigte Seebach im innerstädtischen Bereich auf einer Länge von ca. einem km naturnah gestaltet.
Zusammen mit einer bereits vor fünf Jahren abgeschlossenen Umgestaltung als Ersatzmaßnahme für eine private Baumaßnahme kann der Bach von der Ortslage Ockstadt bis kurz vor seiner Einmündung in die Wetter als naturnah bezeichnet werden. Fehlende kleinere Teilabschnitte sollen als Kleinmaßnahmen nachgebessert werden. Insbesondere der Seebach eignet sich aufgrund seiner Lage künftig als Lernort im Sinne eines Freilandlabors für die Friedberger Schulen.
Die o. g. neun Beispiele, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, zeigen, dass im Wetteraukreis der Gewässerschutz und die naturnahe Gestaltung der Gewässer und ihrer Auen einen hohen Stellenwert haben. Es wird auch deutlich, dass Naturschutz und Gewässerschutz mit dem Ziel, neue und für bedrohte Arten attraktive Lebensräume zu gestalten, auch in einer dicht besiedelten und in einer von intensiver Landwirtschaft geprägten Kulturlandschaft möglich sind.
Die Erfolge sind nur durch die enge Zusammenarbeit aller Beteiligten und hier insbesondere durch die aktive Mitarbeit der betroffenen Städte und Gemeinden möglich geworden.
Durch den effizienten Einsatz vorhandener finanzieller Mittel aus verschiedenen Förderprogrammen in Kombination mit durchzuführenden Ersatzmaßnahmen gemäß dem Hessischen Naturschutzgesetz ist es gelungen, weite Strecken der heimischen Gewässer zum Wohle der Tier- und Pflanzenwelt, aber auch zum Wohle der erholungssuchenden Bürger/innen naturnah zu gestalten.

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