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Veröffentlicht am Sonntag, den 15. April, 2001 - 15:51:   

Unvergessene Kindertage

Ich war damals fünf oder sechs Jahre alt und stand, an der Hand meines Grossvaters, an dem Auslaufkanal des Kühlwasserteiches der Giesserei, in der mein Grossvater damals beschäftigt war. Um uns herum standen händereibend und füssestampfend einige Arbeitskollegen meines Grossvaters, denn es war in der Vorweihnachtszeit und dementsprechend kalt. Wir alle warteten gespannt auf das grosse Ereignis des Jahres, das Ablassen des Teiches und das damit verbundene Abfischen der Weihnachtskarpfen. Endlich war es soweit, die Schieber wurden geöffnet und das Wasser rauschte durch die Rinne, die weiter unten mit einem Rechen abgesperrt war. Ich zappelte ungeduldig an der Hand des Grossvaters, denn es dauerte eine ganze Weile, bis der erste Fisch zu sehen war. An dem Rechen stand ein Mann in Gummistiefeln, der fing den Fisch mit einem Netz und setzte ihn in eine grosse Zinkbadewanne. „Ist ja nur‘n Rotauge“, hörte ich die Männer sagen. Ich aber stand an der Zinkbadewanne und beobachtete fasziniert den hin- und herschiessenden Fisch.
Ich glaube heute, dass damals in meinem Jungenherz der Grundstein gelegt wurde, der mich zu einem umweltbewussten Fischer heranreifen liess, abgesehen von ein paar jugendlichen Schwarzfischersünden, die man mir im Nachhinein verzeihen möge.
Es dauerte nun nicht mehr lange und das Rotauge bekam Gesellschaft von ein einigen Karpfen. Sogar Hechte wurden gekeschert, die wurden allerdings sofort getötet und in eine extra Wanne geworfen. War hingegen eine Wanne mit Karpfen voll, wurde diese umgehend von meinem Grossvater und einem anderen Mann zu einem nahegelegenen stillgelegten Springbrunnen auf dem Gelände der Giesserei getragen und dort ausgesetzt. Hier sollten sie noch einige Tage im klaren Wasser verbringen, bevor sie an die Werksangehörigen verteilt wurden. Nachdem das Abfischen beendet war, ging ich mit meinem Grossvater nach Hause. Ich bombardierte ihn mit Fragen über Fische und fischen und als wir zuhause angekommen waren, setzte ich mich zu ihm und er erzählte mir vom Angeln und von grossen Hechten und Karpfen. Am 24. Dezember gingen wir dann wieder zu dem alten Springbrunnen und holten uns unseren Weihnachtskarpfen ab.
Nachzutragen bleibt noch, das der natürliche Teich aus Kindertagen heute ein quadratischer, verschlammter und verkrauteter Tümpel ist, der vor ein paar Jahrzehnten beim Bau der Ortsdurchgangsstrasse zu dreiviertel zugeschüttet wurde. Karpfen gibt es dort schon lange nicht mehr, nur noch ein paar Weissfische und ein verbutteter Hechtbestand fristen heute dort ihres Daseins.

© by Justus Vogt

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