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Veröffentlicht am Donnerstag, den 10. Mai, 2001 - 09:47:   

Fischwetter

© 1999 von Justus Vogt

Da war sie wieder, diese unerklärliche Unruhe, die mich immer zum Jahreswechsel befällt.Das Angelzeug wird mindestens zwanzigmal aus - und wieder eingepackt, obwohl schon längst alles gerichtet ist. Die Vorfächer und "Stehaufmännchen" sind gebunden und die Grundruten fertig zum Einsatz montiert. Fachleute nennen diesen Zustand "Walchensee-Fieber".

Gedanken an das Vorjahr stiegen in mir auf. Damals, nach 3 Tagen Walchenseeaufenthalt, 5 Rutten und 2 Seesaiblinge später, war ich auf einem glatten Stein ausgerutscht und hatte mir bei dem Sturz den Speichenknochen des rechten Unterarms und zwei Rutenspitzen gebrochen. Damit war das Fischen im März für mich beendet. Dementsprechend hatte ich mir für dieses Jahr einiges vorgenommen.

Am 5. März wurde ich endlich aus meiner Unruhe erlöst, wir starteten am Mittag Richtung Walchensee. Nach gut 3 Stunden Fahrzeit hatten wir unser Ziel erreicht, wir trafen auf ein Wintermärchen. Soviel Schnee hatte ich zuletzt vor mehr als 30 Jahren, als kleiner Junge, gesehen. Zuerst wurden die Fischerkarten besorgt, gültig für eine Woche. Ein kurzer Schwatz mit Gundi an der Kartenausgabestelle, dann ging's ab zur Familie Melf in unsere Ferienwohnung. Nach freundlicher Begrüßung wurde ausgepackt und im "Walchenseer Angellädchen" die Wurmvorräte für den nächsten Tag gesichert. Anschliessend liefen wir ins Seestüberl, um unsere anderen Bekannten zu begrüßen. Es wurde ein feucht-fröhlicher Abend. Unser dritter Mann im Bunde traf erst am nächsten Tag ein, sodass wir in aller Ruhe ausschlafen konnten.

Am folgenden Tag rückten wir am späten Nachmittag zum ersten Mal in diesem Jahr zu dritt an Hans-Joachims "Spezialstelle" zum Ruttenfischen aus. Das Wetter war nicht gerade berauschend, naßkalt war es und mit zunehmender Dunkelheit nahm auch der Schneefall zu, bald sahen wir aus wie die Schneemänner. "Richtiges Ruttenwetter" sagten wir uns, doch der erste Abend endete deprimierend. Ha-Jo hatte eine Rutte vorzuweisen, Markus und ich waren Schneider - das fing ja gut an. Beim Beladen unserer Autos hielten zwei andere Ruttenfischer an, denen Petrus mehr gesonnen war. Sie hatten insgesamt 16 Rutten gefangen, davon eine, die ich auf knapp 60cm schätzte - es ging also doch. Wir packten ein und fuhren in die Ferienwohnung.

Am nächsten Morgen wurden wir durch drei Lawinensprengungen geweckt, ein Blick aus dem Fenster zeigte uns, warum. In der Nacht waren ca. 40 cm Neuschnee gefallen. Wir frühstückten in aller Ruhe, schaufelten unser Auto frei und fuhren erst mal die gängigen Ruttenplätze ab - nirgends war, durch den hohen Schnee bedingt, ein Parken möglich - der Wagen setzte auf - na, das konnte ja heiter werden. Schleppfischen war auch nicht möglich, die meisten Ruderboote, incl. meines eigenen, waren noch eingeschneit und in der Walchenseebucht bis zum Cafe Bucherer schwamm auf dem See eine dicke Schicht "Schnee-Sulz". Wir hielten "Kriegsrat" und beschlossen, nachmittags einen längeren Fußmarsch zu den Fangplätzen in Kauf zu nehmen.Gesagt, getan - um 16:30 Uhr stapften wir los. Als wir an der ausgewählten Stelle zum Wasser abstiegen, versanken wir teilweise bis zu den Hüften im Schnee. Einige Nymphen stiegen und vereinzelt zeigten sich Ringe von steigenden Fischen auf dem Wasser. Wir bauten unsere Ruten auf und gegen 19:00 stellten sich die ersten Bisse ein. Als Ha-Jo die erste Rutte landete, war es kalt geworden, das Thermometer, das an meinem "Strampelanzug" vor der Brust baumelte, zeigt -7° C an, der Himmel war sternenklar. Als wir um 23:00 Uhr das Fischen beendeten, hatten wir insgesamt 12 Rutten von 26-38 cm gefangen - na bitte. Der Heimweg war nicht ganz ungefährlich, da inzwischen die Wege spiegelglatt gefroren waren. Am nächsten Abend hatte sich die Schneelage entspannt und wir suchten einen anderen Angelplatz auf. Wie am Abend zuvor, kamen die ersten zaghaften Bisse gegen 19:00 Uhr. Das Wetter war sehr ungemütlich, kalter Südwest brachte uns zum Frösteln. Um 20:00 Uhr ein Grummeln hinter uns am Berg, das mir die Nackenhaare zu Berge stehen und den Kopf einziehen ließ. Sekunden später war es vorbei. Ich schaute zu Ha-Jo rüber und meinte: " Ich glaub´, das war ´ne Lawine ...", worauf er bestätigend mit dem Kopf nickte (am nächsten Tag sahen wir, dass tatsächlich an der ersten Rutsche eine kleinere Lawine abgegangen war). Kurz nach 21:30 Uhr, wir hatten bereits ein paar Rutten gefangen, zog mein Bissanzeiger ganz vorsichtig kurz nach oben. Ich hängte ihn aus und nahm die Schnur zwischen die Finger. Als mein Gegenpart wieder anfing zu morsen, schlug ich an. Der Widerstand war heftig. Ich riss die Rute hoch, um den Fisch vom Grund wegzubringen, er hatte offensichtlich einiges dagegen einzuwenden. Im Schein der Kopflampe sah ich, das die Schnur inzwischen zu Ha-Jo´s Angeln hinüberführte. Das fehlte mir grade noch und ich verstärkte den Druck. Hans-Joachim und Markus waren inzwischen an dem steilen Ufer vorsichtig zu mir herübergeklettert. Alles ging gut, ich konnte den Fisch von Ha-Jo´s Schnüren wegbringen und als er zum ersten Mal im Schein der Kopflampen auftauchte, gerieten wir leicht in Hektik - eine kapitale Rutte hatte den halben Tauwurm genommen. Der Kescher war irgendwo in der Dunkelheit verschollen, so ein Mist ....! Markus reagierte am schnellsten und stieg ins eiskalte Wasser, um den Fisch zu greifen, es klappte wunderbar. Er schleppte die Rutte auf das Steilufer und nachdem ich den Fisch in die ewigen Jagdgründe befördert hatte, wurde mir heftig auf die Schultern geklopft und wir führten vorsichtige Indianertänze auf. Markus waren bei dieser Aktion die Bergschuhe vollgelaufen, sodass wir unser Gerät zusammenpackten und uns auf den Heimweg machten. An der Ferienwohnung angekommen, klingelten wir bei unseren Wirtsleuten, die zum Glück noch wach waren. Der Fisch wurde in die Küche geschleppt und auf die Küchenwaage gelegt. Vier Augenpaare starrten gebannt auf die Anzeige, die bei 2,6 Kg stehen blieb, die Vermessung ergab eine Länge von knapp 64 cm. Während des Drills hatte die Rutte noch eine 30 cm lange, schon angedaute Rutte ausgewürgt, die ihr halb aus dem Maul hing. An dieser Stelle noch mal vielen Dank an Kati, die diese Schweinerei in Ihrer Küche zuließ. Zwei Tage später gelang mir noch der Fang einer Rutte von 52cm und 2 Pfund, die noch ein abgerissenes Vorfach im Maul hatte - wollte der See etwas wiedergutmachen ?

Als wir am Samstag, nach einer Woche Walchensee, nach Hause fuhren, hatten wir insgesamt 50 Rutten gefangen. Wir hatten fast jeden Tag einen neuen Fangplatz ausprobiert und das Wetter hatte uns jede Nacht mit neuen Varianten überrascht. Vom "Fischermundfunk" hatten wir erfahren, dass in dieser Woche noch weitere Rutten um die 60 cm Länge gefangen worden waren. Es schien sich eine gute Ruttensaison anzukündigen.

Zuhause angekommen, wurde der kapitale Fisch umgehend verpackt und auf die Reise zum Präparator geschickt, denn so eine Rutte fängt man wahrscheinlich nur einmal im Leben.

schee war's ...


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